Rechtslage zu Mailfilter

Dr. R.W. Gerling, Datenschutzbeauftragter der Max-Planck-Institute

Jeder schon im Internet in irgend einer Weise mit seiner E-Mail-Adresse aufgetreten ist, sei es auf einer WWW-Seite oder mit einem Beitrag in einem Diskussionsforum, mu▀ mit leidiger Werbe-E-Mail oder andere belΣstigender E-Mail (SPAM) rechnen. Auf Dauer kann diese unerwⁿnschte E-Mail, die in Form von Downloadzeit bei der ▄bertragung dem EmpfΣnger auch noch Geld kostet, erhebliches Ungemach bedeuten. Viele Rechenzentren an UniversitΣten und auch Internet-Provider versuchen nun ihren Kunden zu helfen: sie filtern (d.h. l÷schen) die ungewollte E-Mail nach verschiedenen Kriterien. Da Werbe-E-Mail hΣufig immer aus den gleichen DomΣnen kommt, wird dann alle E-Mail aus so einer "b÷sen" DomΣne herausgefiltert und gel÷scht. Auch ein Filtern auf bestimmte Inhalte ist heute ⁿblich. Es gibt jedoch mittlerweile auch Klagen der Benutzer, da▀ auf diesem Weg wichtige E-Mail (die mit Werbung nichts zu tun hat) gel÷scht worden sei. Ist z.B. von einer bestimmten Einrichtung hΣufiger Werbe-E-Mail verschickt worden, filtert (d.h. l÷scht) ein Provider unter UmstΣnden alle E-Mails mit einem Absender in dieser Einrichtung. Hierbei wird nicht mehr zwischen Werbung und normaler E-Mail unterschieden. Auf Grund der Klagen der Benutzer stellt sich nun die Frage, ob dieses Verfahren des E-Mail-Filterns durch Provider in Deutschland rechtlich zulΣssig ist.

Die Anwort findet sich in º 206 StGB, wo das Post- und Fernmeldegeheimnis geregelt wird. In º 206 Abs. 2 Nr. 2 hei▀t es: "Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder BeschΣftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt ... eine einem solchen Unternehmen zur ▄bermittlung anvertraute Sendung unterdrⁿckt ..."

Damit gilt º 206 Abs. 2 StGB fⁿr jeden Internetprovider der seine Dienste Dritten anbietet. Insbesondere gilt er auch fⁿr UniversitΣtsrechenzentren die Mitarbeitern und Studenten E-Mail erm÷glichen. Da man bis auf wenige explizit im StGB erwΣhnte Ausnahmen Straftaten nur vorsΣtzlich und nicht fahrlΣssig begehen kann, ist bei Unkenntnis dieser gesetzlichen Vorschrift keine Strafbarkeit gegeben, obwohl der Tatbestand erfⁿllt ist. Insbesondere gilt dies natⁿrlich bei einem durch technische Fehler bedingtem Vernichten wichtiger E-Mails der Kunden.

Man m÷chte natⁿrlich der Flut der Werbe-E-Mails trotzdem Herr werden. Ein Internet-Provider kann sich damit helfen, da▀ er sich von seinen Kunden beauftragen lΣ▀t, nach vom Kunden vorgegebenen Regeln, bestimmte E-Mails zu vernichten. Ein Kunde der das E-Mail-Filtern nicht will, mu▀ mit eigenen Mitteln gegen die Werbe-E-Mail kΣmpfen. Im Rahmen der Konfigurationsm÷glichkeiten des Kundenaccounts stellt der Provider alle m÷glichen Filterregeln, die er anwenden kann, zur Verfⁿgung. Der Kunde wΣhlt nun aus, welche dieser Regeln er auf seine eingehende E-Mail angewandt haben will.

Auch wenn der Aufwand deutlich gr÷▀er, kann ein E-Mail-Filter nur im Auftrag des Kunden oder vom Kunden selber aktiviert werden. E-Mail-Filtern, ohne da▀ der Kunde es wei▀, ist strafbar.

Am 24. Dezember 1997 ist das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz (BegleitG) [27] in Kraft getreten. Darin wurde der º 354 StGB gestrichen und durch den oben erwΣhnten neuen º 206 ersetzt. Die neuen Formulierungen im º 206 bringen die alten Vorschriften des º 354 in ▄bereinstimmung mit dem TKG. In der Begrⁿndung der Bundesregierung [28] zu diesen ─nderungen hei▀t es: "Damit werden z. B. auch Telekommunikationsnetze fⁿr geschlossene Benutzergruppen (Corporate Networks), ⁿber die m÷glicherweise in Zukunft erhebliche Teile der geschΣftlichen Telekommunikation abgewickelt werden, vom Schutzbereich der Vorschrift umfa▀t." Damit ist Unternehmens-interne E-Mail eingeschlossen.

Das rechtliche Problem hier ist die Reichweite des Fernmeldegeheimnis im ArbeitsverhΣltnis. Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeits- oder DienstverhΣltnis k÷nnen - zumal in Forschungseinrichtungen oder Hochschulen - das Fernmeldegeheimnis fⁿr pers÷nliche Kommunikation nicht aufheben [29].

URL: http://www.lrz-muenchen.de/~rgerling/rfra_txt.htm#Heading9

[27] Begleitgesetz zum TKG vom 17.12.1997 (BGBl I S. 3108)

[28] Bundestagsdrucksache 13/8016 vom 23.6.1997

[29] Siehe auch den Beitrag von J. Bizer in R.W. Gerling (Hrsg.), Datenschutz und neue Medien, GWDG-Bericht Nr. 50.